Haustür nachts abschließen: erlaubt oder verboten?

von | 29. April 2025 | Technologie

Darf die Haustür eines Mehrfamilienhauses nachts abgeschlossen werden? Diese Frage sorgt immer wieder für Unklarheit. Vermieter und Hausgemeinschaften schreiben es teilweise vor, oft zum Unmut der Mieter, die solche Regelungen für umständlich halten. Doch ist das Abschließen überhaupt erlaubt – oder verstößt es gegen Mieterrechte?

DSGVO Symbolbild

Warum viele Menschen die Haustür nachts abschließen

Das Bedürfnis nach Sicherheit ist tief in uns verankert. Gerade in Zonen mit erhöhter Einbruchskriminalität neigen Hausbesitzer, Vermieter und Hausgemeinschaften dazu, die Haustür über Nacht abzuschließen. In vielen Hausordnungen finden sich sogar Regelungen, die besagen, dass die Haustür nachts abgeschlossen werden muss.

Das empfinden viele Mieter als unnötig, denn wer möchte schon gerne jedes Mal Treppen steigen, um den Lieferdienst abends reinzulassen oder den Besuch nach der Sperrstunde  –  besonders in Zeiten von Gegensprechanlage und elektronischen Türöffnern. Befürworter dieser Maßnahme verweisen dagegen auf Sicherheitsaspekte: Ein verschlossenes Haus ist für Einbrecher schwerer zugänglich – so die Annahme.

Doch dieses Sicherheitsgefühl ist trügerisch, denn eine abgeschlossene Haustür kann im Ernstfall zur Falle werden.

Abwägung zwischen Einbruchschutz und Sicherheit im Notfall

Während ein Einbruch oft mit dem Verlust von Wertgegenständen verbunden ist, geht es bei einem Brand oder einem anderen Notfall um Menschenleben. Eine abgeschlossene Haustür stellt in solchen Situationen ein erhebliches Hindernis dar:

  • Fluchtwege werden blockiert: Bewohner, die in Panik geraten, haben möglicherweise keinen Schlüssel griffbereit und können das Gebäude nicht rechtzeitig verlassen. Daher stellt sich schnell die Frage, ob der Schutz vor Einbrechern über den Schutz von Menschenleben gestellt wird.
  • Erschwerter Zugang für Rettungskräfte: Feuerwehr und Sanitäter müssen die Tür aufbrechen, was wertvolle Zeit kostet.
  • Erhöhte Gefahren für Schutzbedürftige: Besonders gefährdet sind ältere Menschen, Kinder und Personen mit körperlichen Einschränkungen, die sich nicht schnell genug in Sicherheit bringen können.

Haustür abschließen: Wie ist die Rechtslage?

Die Rechtsprechung hat inzwischen reagiert und klare Grenzen gesetzt. Früher war das Abschließen der Haustür durchaus üblich und wurde vielerorts nicht infrage gestellt. Die Rechtsprechung ließ lange Zeit zu, dass Eigentümergemeinschaften und Vermieter selbst entscheiden, ob sie die Haustür abschließen.

In den letzten Jahren haben jedoch mehrere Gerichtsurteile diese Praxis als problematisch eingestuft. Ein Wendepunkt war das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main aus dem Jahr 2015 (Az.: 2-13 S 127/12), das nächtliches Abschließen der Haustür in Mehrfamilienhäusern für unzulässig erklärte. Im bewussten Fall hatte eine Eigentümergemeinschaft in der Hausordnung festgelegt, dass die Haustür zwischen 22 Uhr und 6 Uhr abgeschlossen sein muss, um die Bewohner vor Einbrüchen zu schützen.

Die Begründung im Urteil: Das Risiko für Leib und Leben der Bewohner sei höher zu bewerten als das Interesse an zusätzlichem Einbruchschutz. Das Gericht betonte, dass im Notfall nicht jeder Mieter oder Besucher einen Schlüssel griffbereit hat. Eine verschlossene Haustür kann im Ernstfall die Flucht behindern und Menschenleben gefährden. 

Bauordnungen der Bundesländer und Anforderungen an Rettungswege

Das Urteil aus Frankfurt am Main setzte einen bundesweiten Präzedenzfall, der dazu führte, dass viele Hausordnungen angepasst wurden. Die Gesetzgebung hat sich ebenfalls weiterentwickelt, denn die Bauordnungen der Bundesländer fordern inzwischen, dass Rettungswege jederzeit frei zugänglich sein müssen. Damit ist das Abschließen der Haustür in Mehrfamilienhäusern seit 2019 faktisch in ganz Deutschland nicht mehr zulässig. Vermieter und Eigentümergemeinschaften, die das Abschließen der Haustür dennoch verlangen, verstoßen gegen geltendes Recht.

  • Fluchtwege müssen jederzeit frei und ohne Hilfsmittel (wie Schlüssel) nutzbar sein.
  • Bauliche Anlagen müssen so beschaffen sein, dass die Rettung von Menschen jederzeit möglich ist.
  • Türen, die zu Fluchtwegen gehören, dürfen nicht abgeschlossen oder anderweitig blockiert werden.

Bsp; § 17 Bauordnung NRW (BauO NW): „Bauliche Anlagen müssen so beschaffen sein, dass die Rettung von Menschen jederzeit möglich ist.“

Wer gegen diese Vorschriften verstößt, riskiert nicht nur juristische Konsequenzen, sondern gefährdet auch aktiv die Sicherheit der Bewohner. 

    Welche Konsequenzen drohen Vermietern oder Eigentümern, die gegen diese Vorschriften verstoßen?

    Sollte ein Vermieter oder ein Eigentümer weiterhin das Abschließen der Haustür vorschreiben, kann dies verschiedene rechtliche Folgen haben:

    • Unwirksame Hausordnung: Eine Regelung zum nächtlichen Abschließen ist unwirksam und kann von Mietern ignoriert werden.
    • Verwaltungsrechtliche Konsequenzen: Falls durch das Abschließen gegen die Bauordnung verstoßen wird, kann die zuständige Bauaufsichtsbehörde Maßnahmen ergreifen und Bußgelder verhängen.
    • Haftung im Schadensfall: Sollte ein Bewohner aufgrund einer verschlossenen Haustür verletzt oder getötet werden (z.B. im Brandfall), kann der Eigentümer haftbar gemacht werden.
    • Mietminderung: Mieter könnten argumentieren, dass eine verschlossene Haustür eine unzumutbare Gefährdung darstellt und eine Mietminderung durchsetzen.

    Brandschutztür in einem Wohnhaus

    Gibt es Ausnahmen, in denen ein Vermieter eine Regelung zum Abschließen der Haustür durchsetzen kann?

    In bestimmten Fällen könnte es Ausnahmen geben, etwa wenn das Gebäude baulich so gestaltet ist, dass die Haustür nicht als Rettungsweg gilt. Beispiele:

    • Sicherheitskonzepte mit alternativen Rettungswegen: Wenn das Gebäude über mehrere Ausgänge verfügt und sichergestellt ist, dass alle Bewohner im Notfall ohne Schlüssel entkommen können.
    • Sondergenehmigungen bei Hochsicherheit: In sehr seltenen Fällen könnten Gebäudebesitzer mit hohen Sicherheitsanforderungen (z.B. Botschaften, Hochsicherheitsgebäude) gesonderte Regelungen beantragen.

    Im Normalfall jedoch gibt es keine Ausnahme für Mehrfamilienhäuser, da die Bauordnung und Rechtsprechung den freien Fluchtweg klar vorschreiben.

    Einfamilienhaus vs. Mehrfamilienhaus: Wo gelten welche Vorschriften?

    Ob die Haustür abgeschlossen werden darf oder nicht, hängt maßgeblich von der Gebäudeart ab. Während Eigentümer eines Einfamilienhauses (EFH) selbst entscheiden können, ob sie ihre Haustür verschließen, unterliegen Mehrfamilienhäuser (MFH) strengeren Vorschriften.

    Der entscheidende Unterschied: Fluchtwege

    • Einfamilienhäuser haben in der Regel keine öffentlichen oder gemeinschaftlich genutzten Fluchtwege. Der Hauseigentümer kann frei entscheiden, wie er sein Gebäude sichert.
    • Mehrfamilienhäuser besitzen gemeinschaftliche Rettungswege, die jederzeit ohne Schlüssel zugänglich sein müssen. Die Haustür ist Teil dieses Fluchtweges und darf deshalb nicht abgeschlossen werden.

    Rettungswege in Mehrfamilienhäusern: Wann gilt die Haustür als Fluchtweg?

    Die Haustür eines Mehrfamilienhauses ist immer dann als Fluchtweg einzustufen, wenn sie der einzige oder primäre Ausgang des Gebäudes ist. Besonders relevant ist dies unter anderem unter folgenden Bedingungen:

    • Geschlossene Treppenhäuser: Hier ist die Haustür der Hauptrettungsweg.
    • Fehlende Alternativausgänge: Gibt es keine weiteren Ausgänge, muss die Haustür immer frei nutzbar sein.
    • Altbau ohne Notausgänge: Viele ältere Gebäude verfügen über keinen zweiten Fluchtweg, was das Abschließen der Haustür besonders problematisch macht.

    Sonderfälle: Was gilt für kleine Mehrfamilienhäuser mit nur zwei oder drei Parteien?

    In kleineren Mehrfamilienhäusern mit wenigen Parteien könnte die Haustür in Einzelfällen nicht als Hauptrettungsweg gelten, wenn alternative Fluchtmöglichkeiten bestehen. Beispielsweise:

    • Direkter Zugang zu Balkonen oder Fluchttreppen: Falls jede Wohnung einen eigenen Notausgang besitzt, könnte eine Ausnahme in Erwägung gezogen werden.
    • Kombination mit Schlüsselsystemen, die Rettungsdienste nutzen können: Einige moderne Wohnkonzepte setzen auf smarte Schließsysteme, die Rettungskräften auch bei verschlossener Tür Zugang gewähren.

    Allerdings bleibt die Grundregel bestehen: Sobald eine Haustür als Fluchtweg dient, darf sie nicht abgeschlossen werden. Eigentümer oder Hausverwaltungen müssen daher im Zweifel prüfen, ob alternative Fluchtwege ausreichen, um eine Ausnahme zu rechtfertigen.

      Rechtslage Bauvorschriften

      Praxisprobleme für Bauherren, Hausverwaltungen und Bewohner

      Die Vorschriften für Haustüren in Mehrfamilienhäusern sorgen immer wieder für Diskussionen zwischen Vermietern, Eigentümergemeinschaften und Mietern. Einerseits verlangen gesetzliche Vorgaben, dass Fluchtwege jederzeit zugänglich bleiben, andererseits besteht ein nachvollziehbares Bedürfnis nach Sicherheit. Besonders der Schutz vor Einbrüchen führt regelmäßig zu Konflikten, wenn unterschiedliche Vorstellungen aufeinandertreffen. 

      Herausforderungen für Vermieter und Eigentümergemeinschaften

      Hausverwaltungen und Eigentümergemeinschaften stehen vor der schwierigen Aufgabe, rechtliche Vorschriften einzuhalten, ohne die Sicherheitsinteressen der Bewohner zu vernachlässigen. Dabei entstehen vor allem vier zentrale Probleme:

      1. Widersprüchliche Erwartungen

      Während einige Mieter eine offene Haustür fordern, um ungehinderten Zugang zu gewährleisten, wünschen sich andere ein nächtliches Abschließen als Schutzmaßnahme.

      2. Hausordnungen & Mietverträge

      In vielen Gebäuden sind Regelungen verankert, die das nächtliche Abschließen vorschreiben, jedoch nicht mehr der aktuellen Rechtsprechung entsprechen.

      3. Haftungsfragen

      Sollte eine abgeschlossene Haustür im Notfall den Zugang behindern, könnten Hausverwaltungen oder Eigentümer zur Verantwortung gezogen werden.

      4. Technische Lösungen

      Die Herausforderung besteht darin, Schließsysteme zu finden, die sowohl den gesetzlichen als auch den praktischen Anforderungen gerecht werden.

        SmartHandle AX Advanced in Außentür bei Regen

        Einbruchschutz als berechtigtes Anliegen – welche Maßnahmen sind erlaubt?

        Viele Mieter fordern besseren Einbruchschutz, da ein unverschlossenes Haustor als Sicherheitsrisiko empfunden wird. Polizeistatistiken zeigen, dass Einbrüche häufig über leicht zugängliche Hauseingänge erfolgen. Doch der Schutz vor Einbrüchen darf nicht zulasten der Fluchtwegsicherung gehen. Statt eines einfachen Abschließens gibt es verschiedene Alternativen:

        • Panikschlösser bieten Schutz vor unbefugtem Zutritt, ermöglichen aber jederzeit das Verlassen des Gebäudes.
        • Gegensprechanlagen mit Kamera ermöglichen eine gezielte Zutrittskontrolle und verringern das Risiko, dass Unbefugte ins Haus gelangen.
        • Elektronische Schließsysteme bieten gesicherten Zugang, ohne dass die Tür physisch abgeschlossen werden muss.
        • Zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen wie verstärkte Türblätter, Bewegungsmelder oder Überwachungskameras können ebenfalls den Schutz erhöhen, ohne die Sicherheit in Notsituationen zu beeinträchtigen.

          Hausordnung schreibt das Abschließen der Haustür vor – was tun?

          Viele ältere Hausordnungen enthalten noch Klauseln, die das nächtliche Abschließen der Haustür vorschreiben. Da diese Regelungen gegen geltendes Recht verstoßen, können Mieter dagegen vorgehen. Ein erster Schritt sollte das Gespräch mit der Hausverwaltung oder Eigentümergemeinschaft sein, um auf die Rechtslage hinzuweisen. Falls keine Einigung erzielt wird, kann eine Änderung der Hausordnung auf einer Eigentümerversammlung beantragt werden. Sollte dies erfolglos bleiben, besteht die Möglichkeit, eine gerichtliche Klärung herbeizuführen. Wichtig ist zu wissen, dass Mieter nicht abgemahnt werden können, wenn sie die Tür offen lassen.

            Moderne Schließsysteme als sicherer Kompromiss

            Um die beschriebenen Probleme zu lösen, setzen sich zunehmend moderne Schließsysteme durch. Sie vereinen beide Aspekte – Sicherheit vor Einbruch und einen freien Fluchtweg für den Notfall. Zudem können sie wie herkömmliche Schließsysteme nachgerüstet werden. 

            • Panikschlösser – Schutz und Fluchtweg in einem

            Panikschlösser wurden speziell für Gebäude mit Fluchtwegen entwickelt und erfüllen die EU-Norm DIN EN 179. Sie sorgen dafür, dass die Tür von außen sicher verschlossen ist, von innen aber jederzeit durch einfachen Handgriff geöffnet werden kann.

            • Digitale Schließsysteme – Zutrittskontrolle ohne Schlüssel

            Elektronische Schließanlagen ermöglichen den Zutritt per SmartCard, App, Chip oder Code. Sie verhindern, dass Unbefugte das Gebäude betreten, und bieten Hausverwaltungen eine einfache Möglichkeit, Zutrittsrechte zu verwalten. Ein weiterer Vorteil ist, dass verloren gegangene Schlüssel kein Sicherheitsrisiko mehr darstellen.

            Kosten und Nachrüstbarkeit

            Die Wahl des passenden Systems hängt von den finanziellen Möglichkeiten und den Anforderungen des Gebäudes ab. Mechanische Panikschlösser sind mit Kosten zwischen 100 und 200 Euro pro Tür vergleichsweise günstig. Elektronische Schließsysteme sind teurer, bieten aber langfristige Vorteile in der Verwaltung und Sicherheit.

              Fazit: Sicherheit und gesetzliche Vorgaben in Einklang bringen

              Das Abschließen der Haustür in Mehrfamilienhäusern ist aus rechtlicher Sicht unzulässig, da es Fluchtwege blockiert. Gleichzeitig ist das Bedürfnis nach Einbruchschutz verständlich. Moderne Schließsysteme bieten eine Lösung, die sowohl Sicherheit als auch gesetzliche Anforderungen berücksichtigt. Vermieter und Eigentümergemeinschaften sollten bestehende Regelungen überprüfen und gegebenenfalls anpassen, um Konflikte mit Mietparteien zu vermeiden.

              Ein Umstieg auf Panikschlösser oder digitale Zutrittssysteme wie die Lösungen von SimonsVoss kann eine langfristig sinnvolle Investition sein. Antipanikzylinder wie der Digitalzylinder AX bieten nicht nur erhöhte Sicherheit, sondern ermöglichen Hausverwaltungen eine effiziente Kontrolle über Zutrittsrechte. Gleichzeitig profitieren Mieter von mehr Schutz – sei es vor Einbruch oder im Brandfall. So lässt sich der Spagat zwischen Sicherheitsbedürfnis und gesetzlichen Vorgaben erfolgreich meistern.