Elektronische Türschlösser ersetzen den Schlüssel durch digitale Zugriffskontrolle. Sie sind bequem und flexibel. Aber wie sicher ist der Verzicht auf physische Schlüssel wirklich? Dieser Artikel zeigt, welche technischen Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit digitale Schließsysteme zuverlässig schützen.
Funktionsprinzipien und Aufbau elektronischer Schließsysteme
Elektronische Türschlösser und Schließzylinder bestehen aus drei Kernelementen: einer Authentifizierungseinheit (Kartenleser, Tastatur, Funkmodul), einer Steuereinheit, die die Berechtigung prüft, und einem mechanischen Schließelement, das den Zutritt physisch ermöglicht oder verhindert. Die Steuerung erfolgt lokal im Schloss oder vernetzt über ein zentrales Zutrittskontrollsystem.
Technologieformen im Überblick
- RFID-Systeme: kontaktloser Zugriff via Transponder oder Chipkarten.
- Funkbasierte Systeme (Bluetooth, NFC): Authentifizierung über mobile Geräte, teils auch für Fernzugriff nutzbar.
- Zahlencodesysteme: numerische Eingabe direkt am Schloss.
- Biometrische Systeme: Zugang über eindeutige Merkmale wie Fingerabdruck.
Aktive und passive Zutrittsmedien
Neben den verschiedenen Systemarten unterscheiden sich Zutrittslösungen nach ihrer Energieversorgung:
- Aktive Technologie (B-Feld): Batteriebetriebene Transponder senden ein eigenes Signal und werden auch durch Kleidung oder Taschen zuverlässig erkannt.
- Passive Technologie (RFID): Chipkarten, Schlüsselanhänger oder Tags ohne Batterie, besonders wartungsarm und langlebig.
Beide Ansätze haben ihre Stärken: Viele Unternehmen nutzen im Alltag verstärkt B-Feld-Transponder für zuverlässige Erkennung, während passive RFID-Medien vor allem dort eingesetzt werden, wo Robustheit und geringe Betriebskosten im Vordergrund stehen.
Hybridlösungen: Mechatronische Schließzylinder
Neben rein elektronischen Varianten gibt es mechatronische Zylinder, die digitale Steuerung mit mechanischer Notöffnung verbinden. Sie stellen sicher, dass auch bei Stromausfällen oder Systemstörungen ein physischer Zugang möglich bleibt. Damit erfüllen sie eine wichtige Anforderung an die Ausfallsicherheit.
Wesentliche technische Anforderungen
Damit elektronische Zutrittslösungen verlässlich arbeiten, müssen sie bestimmte Kriterien erfüllen:
- Manipulationsschutz durch robuste Gehäuse und sabotagesichere Sensorik
- Energieversorgung über langlebige Batterien oder feste Stromzufuhr mit Backup
- Updatefähigkeit der Firmware für Schließlogik und Kryptografie
- Zuverlässigkeit auch bei Extrembedingungen (IP-Schutzklassen, Temperaturbereiche)
Eine Lösung ist nur dann sicher, wenn ihre Komponenten auf physischer, logischer und kryptografischer Ebene gegen Angriffe abgesichert sind.
Sicherheitsarchitektur digitaler Schließsysteme
Elektronische Schließsysteme basieren auf digitaler Authentifizierung. Der Verzicht auf physische Schlüssel schafft jedoch auch neue Angriffspunkte. Genau wie herkömmliche Schließsysteme müssen digitale Schließlösungen abgesichert werden. Neben unbefugter Nutzung, Manipulation und Ausfall kommt sogar noch eine neue Komponente hinzu: Cyberangriffe.
Entscheidend ist die Absicherung der gesamten Kommunikationskette: vom Zutrittsmedium über das Schloss bis zur zentralen Steuerung.
Moderne Systeme setzen auf:
- Ende-zu-Ende-Verschlüsselung (häufig AES-128/256, ECC)
- Rolling Codes zur Vermeidung von Replay-Angriffen
- Digitale Signaturen zur Integritätsprüfung
- Zugriffsprotokollierung zur Nachvollziehbarkeit aller Öffnungsvorgänge
- Firmware-Updates, die neu entdeckte Schwachstellen abdecken
Wichtig: Sicherheitsfunktionen müssen hardwareseitig abgesichert sein, etwa durch manipulationsresistente Mikrocontroller oder sichere Speichereinheiten. Reine Softwarelösungen sind angreifbar, etwa durch Code-Injection, Emulation oder Reverse Engineering.
Gibt es Sicherheitsvorteile gegenüber mechanischen Systemen?
Elektronische Schließsysteme bieten nicht nur Komfort, sondern eliminieren typische Schwachstellen mechanischer Schlösser:
- Kein Risiko durch Schlüsselverlust. Berechtigungen können sofort entzogen werden
- Kein Nachmachen von Schlüsseln. Medien sind digital eindeutig
- Zutrittsprofile und Zeitfenster steuern den Zugriff differenziert
- Jeder Zugriff kann bei Bedarf dokumentiert werden, mit Zeitstempel, Nutzer-ID, Standort
Dazu kommt: Während ein geknacktes mechanisches Schloss physisch ersetzt werden muss, kann ein digitales System oft softwareseitig reaktiviert, neu konfiguriert oder aktualisiert werden.
Secure Element: Absicherung auf Hardwareebene
Das Secure Element (SE) ist ein speziell abgesicherter Mikrocontroller, der kryptografische Operationen isoliert vom Hauptsystem ausführt. Anders als softwarebasierte Schutzmechanismen schützt das SE physisch gegen Angriffe. Es schützt Schlüsselmaterial, Berechtigungsdaten und Kommunikationsparameter vor Auslesen, Manipulation und externer Beeinflussung.
Im Kontext elektronischer Türschlösser übernimmt das Secure Element drei zentrale Aufgaben:
- Speicherung sensibler Schlüssel (z.B. Zutrittsberechtigungen, Systemschlüssel)
- Authentifizierung gegenüber Zutrittsmedien und zentralen Steuerungseinheiten
- Kryptografische Absicherung aller ein- und ausgehenden Kommunikationsvorgänge
Das SmartHandle AX von SimonsVoss nutzt ein integriertes Secure Element zur Absicherung der Schließlogik. Hier wird jede Zutrittsanfrage nicht nur verschlüsselt übermittelt, sondern im Schloss selbst verifiziert. Dies schützt vor Manipulation und erfolgt isoliert vom Hauptsystem.
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) empfiehlt Secure Elements als zentrales Sicherheitsmodul in hochkritischen Anwendungen. Systeme ohne SE sind anfälliger für Angriffe über Seitenkanäle, Softwaremanipulation und physisches Auslesen.
Anwendungsszenarien: Anforderungen im Vergleich
Privat
Im Wohnbereich steht meist die Kombination aus Komfort und Basisschutz im Vordergrund. Hier reicht oft ein Zutrittssystem mit RFID oder Zahlencode, idealerweise mit lokalem Speicher, einfacher Verwaltung und Grundschutz gegen physische Manipulation.
Gewerbe
In Unternehmen steigen die Anforderungen: Zutrittsberechtigungen müssen rollenbasiert, zeitlich steuerbar und zentral verwaltbar sein. Protokollierung ist essenziell, insbesondere bei Compliance-Anforderungen (z.B. ISO 27001). Eine Integration in Alarm- oder Zeiterfassungssysteme ist Standard, vor allem bei Schließsystemen für große Gebäude.
Kritische Infrastrukturen (KRITIS)
Kein System ohne zertifizierte Sicherheitsarchitektur. Zutrittsmanagement muss segmentiert, redundant, kryptografisch abgesichert und mit definierten Notfallmechanismen ausgestattet sein. Secure Elements und zentrale Schlüsselinfrastrukturen (z.B. PKI) sind Pflicht.
Wie zuverlässig sind elektronische Schließsysteme?
Elektronische Schließsysteme bieten viele Vorteile, bergen aber auch spezifische Risiken, insbesondere im Störfall. Typische Schwachpunkte sind:
- Batterieversagen: Ohne frühzeitige Warnung oder Notöffnung sind Türen im Ernstfall blockiert.
- Stromausfälle: Netzgebundene Systeme benötigen eine Backup-Versorgung oder lokale Intelligenz.
- Funkstörungen: Interferenzen bei Bluetooth oder NFC können die Kommunikation unterbrechen.
- Hacking-Versuche: Systeme ohne sichere Hardware (z.B. Secure Element) und ohne abgesicherte Firmware-Updates sind potenziell kompromittierbar.
- Zugangsverlust: Verlorene Smartphones oder Transponder erfordern sofortige Sperrmechanismen über eine zentrale Verwaltungsoberfläche.
Verlässliche Systeme sind für solche Szenarien vorbereitet: Sie erkennen kritische Zustände frühzeitig, sichern den Zugriff lokal und verfügen über physische oder kryptografische Redundanz.
Wesentlich ist dabei ein planbares Notfallmanagement. Professionelle Lösungen bieten:
► Mechanische Notöffnung, z.B. über einen gesicherten Notschlüssel
► Backup-Stromversorgung durch Batterie oder Kondensator
► Zentrale Deaktivierung verlorener Medien über App oder Zutrittsmanagementsystem
Alle Notfallfunktionen müssen dokumentiert, regelmäßig getestet und in den Betriebsablauf integriert sein, speziell bei sicherheitskritischen Anwendungen.
Wer auf Qualität setzt, begrenzt die Risiken
Wer digitale Schließtechnik einsetzt, übernimmt Verantwortung; für Personen, Werte und Infrastruktur. Investieren Sie in Systeme, die nicht nur technisch überzeugen, sondern auch langfristig wartbar und erweiterbar sind.
SimonsVoss liefert mit der AX-Plattform eine Sicherheitsarchitektur, die genau dafür ausgelegt ist: hardwareseitig geschützt, softwareseitig aktuell, integrationsfähig in komplexe Zutritts- und Gebäudemanagementsysteme.
Lassen Sie sich beraten und finden Sie die passende Lösung für Ihre Sicherheitsanforderungen.